22.08.2009 - Nierstein - Phoenix
01:30 Uhr am Samstag Morgen. Die Nacht ist rum, einschlafen ist nicht mehr, obwohl doch mein Flieger erst um 11:10 in Frankfurt startet. Der Check-In bei US-Airways ist unkompliziert. Lediglich für's Fahrrad muss ich nochmal 70 Euro abdrücken. In der knalleng besetzten Boeing sitz ich in ner 2er-Reihe. Mein Vordermann meint die Schlafposition einnehmen zu müssen. Na prima. Neben mir sitzt eine Kunstlehrerin aus Maryland, welche Barack und Michelle Obama 'great' findet.
Nach 8,5 unbequemen Stunden ist Philadelphia erreicht. Chaotisch. Die Einreise beginnt mit der 'peinlichen' Befragung nach dem Wohin, woher, wieviel Geld, etc., es folgt die Gepäckausgabe, Zoll und dem erneuten Check-In. Mein Rad sehe ich grad noch irgendwo rumstehen, bevor ich es in letzter Minute zum Gate schaffe. Ob mein Gepäck den Check-In schafft, werde ich 6 Stunden später in Phoenix sehen. Der neue Flieger ist der Luxus pur: breite Sitze mit Beinfreiheit.
Phoenix Sky Harbour. 18:00 Uhr Ortszeit. Angekommen. Am Bagage-Claim, welch Freude, meine Radtaschen sind da. Nur das Fahrrad hat den erneuten Check-In in Philadelphia nicht mehr geschafft. Das heisst auf den nächsten Flieger warten. Draussen vor der Tür trifft mich der Schlag, besser Hitzschlag. Vom vorgebuchten Shuttle-Bus zum Hotel ist nix zu sehen. Gegen 20:30 taucht mein Fahrrad dann doch auf.
Den Shuttle-Bus zum Clarion-Hotel hab ich dann auch noch gefunden und steige frohgemut mit Gepäck ein. Nur leider fährt der Bus nicht zu meinem Hotel. Es gibt nämlich 2 Hotels Clarion; eins in Tempe und eins in Scotsdale. Also wieder mit dem Shuttle zurück zum Flughafen, ein Taxi bestellen und einen erneuten Versuch wagen. Für 35 USD bin ich dann am richtigen Ort und eine halbe Stunde irren Smaltalk mit dem Taxifahrer reicher. 22:00 Uhr. Meine Hotelbuchung ist wohl im Nirwana verschütt gegangen, aber ich bekomm ein Zimmer. Das Zimmer hat Backofentemperatur, die Aircondition hat Feierabernd, mein Blutdruck muss weit jenseits von 80/120 sein, Trinkwasser gibt's aus dem Eisspender. Entnervt. 'Ich will heim.'
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Anflug auf Phoenix - Arizona |
23.08.2009 - Phoenix
Um 05:30 schraube ich mein Fahrrad zusammen. Um 06:30 gönn ich mir ein Hotel-Frühstück für 8 USD abzüglich einem Voucher von 4 USD. 2 Internet-PC's gibt's auch. Um 08:00 erkunde ich Old-Scotsdale. Überall gähnende Leere, keine Menschenseele ist zu sehen. Die Hitze scheint alles zu lähmen. Scotsdale sieht aus wie eine Kommerz-Westernstadt mit Phantasia-Land-Anschluss. Ein kurzer Besuch beim Safeway mit der Ausbeute von 9 Litern Wasser. Dann geht's an den Hotel-Pool. Mein Flüssigkeitsverbrauch ist bemerkenswert: 5 Liter. Für die morgige Strecke rechne ich mal mit 7,5 Liter.
24.08.2009 - Phoenix - Payson -120 km
05:15 dem Sonnenaufgang und meinem ersten Tagesziel Payson entgegen. Ein paar km später und mindestens 5 kläffenden Hofkötern weiter bin ich auf dem HW 87. Alle halbe Stunde mach ich eine Trinkpause, nehme eine Calcium-Magnesium-Tablette. Es wird heiß und heißer. Nach 20 km hab ich den letzten Phoenix-Vorposten hinter mir. Nach 30 km beginnen die beständigen geraden Steigungen mit moderaten 6-7%. In den Löchern im Asphalt sitzen überall Taranteln. Auf was die da warten, weiss ich nicht.
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Highway 87 ... |
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... nach Payson |
115 km bis zum einzigen, aber leider ausgestorbenen Örtchen Rye läuft's dann auch so. Im Ort hat der einzige Gastronom grad aufgegeben, nebenan wohnt ein irrer Bike-Freak mit tausenden von Alträdern im abgezäunten Areal.
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Rye hat mal bessere Tage gezählt |
Nach dem Ort fangen dann meine Konditionsprobleme an. Es geht auf 6 Meilen nur ca. 350 hm hoch, aber meine Beinkrämpfe werden immer heftiger. Laufen ist auch nicht mehr möglich. Mir wird öckelig, kotzelig. Mmh, aufgeben nach 8 Stunden Fahrzeit? Ich halt mal den Daumen raus und warte was passiert. Nach kurzer Zeit hält schon ein gebürtiger Slowake, seines Zeichens Elektriker. Er nimmt mich die restlichen 10 km nach Payson mit. Auf's Rad steigen ist nicht mehr, sofort sind die Krämpfe wieder da. In Payson gibt's ein paar Hotels. Eins ist meins für 55 USD. Flüssigkeitsverbrauch heute 7 Liter plus BudLight am Abend. Um 20:00 Uhr liegt ich nach 4 Bud, einem Salat und einem Chicken-Burger auf der Matraze.
25.08.2009 - Strawberry - 45 km
Um 06:30 Uhr gibt's Bacon und Eggs im angeschlossenen Beeline Cafe für 7 USD. Im Safeway fülle ich die Wasser- und Essensvorräte auf. Das Tagesziel ist heute Pine/Strawberry. Pine ist eine kleiner unterkunftsloser Ort mit Supermarkt; Strawberry hat zwei Motels. Eins davon geschlossen. Die Strawberry Loge hat ein wenig von Bates Motel. Dunkel, staubig, kein weiterer Gast, alles aus Holz, die Farbe abblätternd. Dafür zahl ich sagenhafte 69 USD ohne Frühstück.
Die Traumtour ist es bisher nicht im Ansatz. Aus der Hitze bin ich jetzt raus und es ist ein wenig grüner geworden. Der Verkehr ist immer noch reichlich. Die Amis gehen wirklich keinen Meter.
Am Abend ist Tacco-Day in der Logge. All you can eat für 7 USD. 4 Taccos hab ich geschafft. Allerdings war die Beilage, zerstampfte Bohne mit Couscous etwas ecklig. Das Bud für 3,50 USD war nicht grad ein Geschenk. Um 07:30 Uhr ist Bettruhe. Am HW ist nix mehr los, Strawberry hat den einzigen Bürgersteig hoch geklappt.
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Bates Motel |
26.08.2009 - Camp Verde - 73 km
05:45 aufstehen. Es gibt Müsli mit Buttermilch. Mit schwerem Herzen, äh Beinen, geht's auf Rad. Mächtig aufwärts geht es. Laut Tacho auf 2000 hm bis zur Junction des HW 87/260. Von dort geht's ca. 20 Meilen bergab auf 900 hm, was mir in Anbetracht des anhaltenden Öck-Gefühls - von der Tacco-Beilage gestern Abend - sehr entgegen kommt. War es oben noch recht grün, wird es talwärts immer karger. 10 Meilen vor Camp Verde ist das selbige Tal in grünen Farben zu erkennen. Der Blick reicht bis Flagstaff, was ja immerhin ca. 150 km sind.
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Camp Verde .. der grüne Flecken |
Camp Verde ist für Arizona-Verhältnisse ganz nett. Die Oma in der Tourist-Information empfiehlt das Comfort-Inn, welches zwar am Interstate 17 liegt, aber für 60 USD einen Pool, Aircondition und Free-Coffee hat.Der Interstate hat zig Fahrspuren, die üblichen XXXL-Werbetafeln, 200 m entfernt ein McDonald mit Drive-Thru. Die Amis bewegen ihren Hintern keinen Meter. Der Energiebedarf eines solchen Ami muss unglaublich sein.
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am Interstate 17 |
27.08.2009 - Sedona - 70 km
Amis sind Konsumsäue. Das SB-Frühstück im Comfort Inn gibt's auf Einwegtellern mit Einweggeschirr und Plastikbechern. Alles verpackt und pampig.
Ich starte um 06:30. In der Spitze sollen es heute wieder 40 Grad werden. Für ein paar Meilen fahr ich auf dem Interstate 17 bis McGuillvere, dann auf einer ruhigeren Country-Roaad Richtugn Cornville. Klitzekleiner Lichtsblick ist Palm Springs, eine ruhige Nebenstrecke zum HW 89 entlang dem Oak Creek. Vom Creek ist allerdings nix zu sehen; alles ist verbaut. Ich komme ins Red Rock Country, rote Sandsteinfelsen ohne Ende. Mittlerweile zeigt der Tacho 43 Grad bei 1200 hm. In Sedona scheint es keine Campingplätze zu geben, was mir in Anbetracht der Hitze auch entgegen kommt. Also bezieh ich das Days Inn.
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Sedona ... |
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... in den Red Rocks ... |
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... ist recht schön - auch bei 43 Grad |
Der Ami scheint sich in diesen heissen Tagen weg zu schliessen. Im Haus, im RV, im Safeway oder im mindestens im airconditioned Pkw. Selten ist jemand auf der Strasse zu sehen. Säter am Nachmittag schau ich mir Sedona an. Luxus, sauber, Reichtum allerorten, Heli-Flüge zu den Red-Rocks, Pink-Jeep-Tours. Hier wird täglich gekehrt, geputzt. Der Safeway ist bestens ausgestattet. Der Tourist-Info-Angestellte ist ein Schwätzer vor dem Herrn: alle Moslems rauchen, nehmen Drogen und machen andere böse Ding.
28.08.2009 - Flagstaff - 63 km
Plastic-Papp-Frühstück am Morgen. Essen und wegwerfen. Um 06:30 Uhr geht's zum Oak Creek Canyon hoch. Toll, die 89A ist für Trucks gesperrt und die Touris liegen noch im King-Size-Bett. Schattig, Bäume, der Creek, 20 Grad um 09:00 Uhr. So kühl und angenehm war es noch nie für mich in Arizona. Die Steigung ist harmlos, selbst die paar Kehren vor dem Plateau können keinem Alpenpass Konkurrenz machen. Vom obigen View-Point sind es dann nur noch 10 Meilen bis Flagstaff auf 2000 hm.
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Flagstaff auf 2.104 hm |
Flagstaff hat ich als Großstadt erwartet, ist aber vollkommen übersichtlich. Der 89A führt direkt zum HW80, der Route zum Grand Canyon. Die Tourist-Info gibt mir die erfreuliche Auskunft, dass ein Bus mit Radtransport täglich 5mal zurück nach Phoenix fährt. Open Road, so der Name des Busunternehmens, ist mir schon jetzt lieb geworden. Am Amtrak-Bahnhof geht es los und ein Fahrer bestätigt dies auch. Die Rückkehr ist also entspannt gesichert.
Flagstaff ist für Arizona-Verhältnisse historisch zu bezeichnen. Eine Uni gibt's auch, man fährt Rad, Skateboard, geht zu Fuss. Die Ami-Körperform ist deutlich schlanker geworden. Sogar Cafes gibt es in einer kleinen Fussgängerzone. Das beste aber sind die erträglichen Temperaturen. Flagstaff ist das bisherige Highligt, nicht aber das gammelige und teure Day Inn.
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Flagstaff |
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