Kalaikhum-Khorog - eine fordernde Radstrecke
Daheim hab ich noch gedacht bis nach Kalaikhum - eines unserer Etappenziele - wird es eine Urlaubs-Radeltour. Doch weit gefehlt. Es ist für mich eine mega mentale Anstrengung, da nichts so ist, wie daheim. In Uzbekistan waren es besonders die grottigen Straßen und der irre Straßenverkehr, dann in Tadschikistan die Suche nach passablen Unterkünften und Essen. Daher hab ich Respekt vor den nächsten Wochen. Denn jetzt soll es richtig anstrengend werden.
Ein Ruhetag in Kalaikhum am Samstag tut da gut mit Rad-Check, einkaufen, relaxen.
Der Sonntagmorgen startet gut mit 20 km neuem Asphalt hinter Kalaikhum, dann ein noch nicht fertig gestellter Tunnel, den wir auf der alten Gravelroad 15 km umfahren müssen. Danach wieder neuer Asphalt. Es folgt ein weiterer nicht fertig gestellter Tunnel, der wieder auf der alten Straße umfahren werden muss. Danach ist leider Schluß mit neuem Asphalt. Baustellen, dann eine Sprengung am Berg. Für uns machen die Sprengmeister und Baggerfahrer eine Pause und wir dürfen über die Abraumhalden krabbeln.
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immer mit Blick auf Afghanistan |
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LKW - unverzichtbar auf dem Pamir Highway |
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Baustelle mit Sprengungen machen die Straße stundenlang dicht ... |
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... ausser für Radler - die dürfen über die Schuttberge krabbeln |
Unser Tagesziel bei Dashtag hat einen Basic-Mini-Market. Gegenüber dem Market ist auf der Karte ein ioverlander-POI vermerkt. Abseits der Straße eine relativ flache Wiese auf der wir unsere Zelte aufstellen können. Dank Ali und seinem Bruder haben wir so etwas wie fliessend Wasser. Man muss nur die Rohrleitung zum Dorf kurz unterbrechen. Ali (5) und Bruder (8) beobachten uns dann beim Abendessen aus nächster Nähe. Mal ein Grinsen, mal ein kurzes Lächeln, mal ein leiser Kommunikationsversuch. Ali kann einem leid tun mit seinen zwei Schrammen im Gesicht, den dreckigen Klamotten und dem Schmutz am ganzen Körper. Am liebsten hätt ich ihn mal ordentlich gewaschen. Ich denke, die beiden werden keine Schule von innen sehen. Kühe hüten ein Leben lang. Auf's Foto wollen sie nicht. Eine halbe Waffel nehmen sie gern, unser Brot lehnen sie ab. Uns besuchen dann noch der Kumpel von Ali und Nasser, dessen Bruder angeblich in München wohnt. Ich kann kaum glauben, dass soviel Tadschiken Verbindungen nach Deutschland haben wollen. Um 19:00 ist Ruhe im Karton.
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Wild-Camping mit Blick auf Afghanistan |
Montag, 25.05.2025 - Dashtag - Dilafruz Guesthouse - 27 km - bewölkt, 25 Grad
Die Nacht war nicht erholsam. Lag wahrscheinlich an der ungewohnten Umgebung. Kumpel HeinzelmannOnTour hat eine Pechsträhne, nach dem gestrigen Durchfall verlor heute Nacht seine Luftmatraze laufend die Luft. Superdoof ist das. Ohne Matratze im Pamir könnte übel werden.
Um 08:00 sitzen wir auf dem Rad und merken recht bald, daß heute nicht unser Tag wird. Keine Kraft in den Beinen und mental müde. Die nächste staubige Baustelle gibt uns dann den Rest. Das Gerumpel über die Abraumhalden schlaucht. Ein deutsches Wohnmobil mit Kennzeichen München müht sich auch durch die Baustelle. Autofahrer müssen sich schon mal auf stundenlanges Warten einstellen. Offiziell ist die Straße nur mittags kurz und nachts frei. Kurz danach folgt ein Checkpoint mit einem ziemlich dreisten Polizisten. Er ist zu faul, Pass- und Visaangaben in seine Kladde einzutragen und will eine Hardcopy des Passes. Die nachfolgend Kontrollierten bestechen ihn mit zwei Melonen.
Am Dilafruz Guesthouse ist Schluß für heute. Das 3-Bettzimmer ist relativ intakt und sauber, das Gemeinschaftsbad funktioniert halbwegs, wenn man mal von der fehlenden Toilettenspülung absieht. Die Wirtin bringt uns noch zwei Suppen für 30 Somoni (2,50 Euro) die Schüssel. Vielleicht war's Laghman, jedenfalls waren Nudeln drin. Später bestellen wir noch ein Kartoffel/Fleisch-Gericht. Das Fleisch lassen wir liegen. Um so überraschter sind wir am nächsten Morgen, das jemand das Fleisch verputzt hat. HeinzelmannOnTours Pechsträhne hält an. Neben Durchfall, kommt noch eine üble Magenverstimmung dazu.
Dienstag, 26.05.2025 - Dilafruz Guesthouse - Rushon - 73 km - bewölkt, Regen, Gewitter, 23 Grad
Um 06:30 sitzen wir auf dem Rad. Ich bin skeptisch, ob wir die 73 km nach Rushon heute schaffen. Einen Straßenbelag gibt's nicht mehr. Sand, Erde, Geröll, die übelste Strecke bisher. Die Hoffnung auf eine Mitfahrgelegenheit begraben wir, denn es kommt kein geeignetes Fahrzeug. Sowas wie ein 'Paketbote' bietet sich zwar an, aber seine Ladefläche ist Ober-Unterkante voll. Gewitter und Regen halten uns auf Trab.
Wegen des grauen Wetters wirkt die Landschaft heute wild, manchmal bedrohlich.
Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 10 km/h sind wir nach 7 Stunden Fahrzeit in Rushon. Rushon liegt auf ca. 2.000 hm.
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Rushon ist ein recht aufgeräumter Ort |
Unser Hostel Rushon Inn ist für 40 USD inklusive Frühstück für die Verhältnisse im Pamir sehr gut.
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Hostel Rushon Inn |
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Hostel Rushon Inn |
Hier treffen wir 3 Radler aus Bayern, Starnberg, die das anspruchsvolle Bartang Valley fahren wollen. Die drei sind zwischen 65 und 71 Jahre, sind die Strecke Kalaikhum-Rushon in zwei Tagen gefahren (wir in drei). Die drei machen alle paar Jahre richtig gehende Expeditionen (Patagonien mit dem Kayak, Pik Lenin, Sahara mit dem Rad ...) Hochachtung vor den dreien.
Mittwoch, 27.05.2025 - Rushon - Khorog - 65 km - sonnig, 24 Grad
Wir frühstücken zusammen mit den drei Bayern und philosophieren bereits um 07:00 über Gott und die Welt.
Die heutige Strecke ist einfacher als in den Vortagen. So kann man auch mal die tolle Berglandschaft genauer betrachten. Die Durchschnittsgeschwindigkeit erhöht sich auf sagenhafte 13 km/h.
Unser Tagesziel Khorog ist die Hauptstadt der autonomen Region Berg-Badachschan, hat rund 30.000 Einwohner und liegt auf ca. 2.000 hm. Unser Zarya Hotel in Khorog ist auf dem zweiten Blick ein Glücksfall, denn der Wirt Temur spricht gut englisch, gibt viele Hinweise und Informationen für unsere nächsten Tage. Das Mobile Internet funktioniert. Obendrein dürfen wir die Küche benutzen und kochen uns dort richtig gute Spaghetti.
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Sarya Hotel - ganz rechts |
Abenteuer haben ja die Eigenschaft, dass sie immer anders kommen als gedacht. Respekt vor der Leistung! Ich hätte bei den Strassenverhältnisse relativ schnell das Rad in den Abgrund verschwinden lassen. Weiterhin gutes Vorankommen.
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